Wir betreiben neben unserem Haus einen kleinen urbanen Garten. Das machen wir aus Spass und weil es uns gefällt, etwas Gemüse und Kräuter selber ernten und essen zu können. Eine tatsächlich vollständige Ernährung ist mit einem so kleinen Urban Garten aber nicht möglich. Deshalb sind wir immer noch auf die Produkte der Bauern angewiesen. Bereits heute gibt es viele Gemüsebauern, die das Gemüse mit der Hors-Sol Methode anpflanzen. Hors-Sol bedeutet, dass das Gemüse einerseits in einem Gewächshaus angepflanzt wird und andererseits ohne tatsächliche Erde auskommt. Bei den Gewächshäusern in der Schweiz wird anstelle von Erde meistens Steinwolle oder Kokosfasern verwendet. Das Gemüse wird künstlich bewässert und gedüngt. Seit dem 1. Januar 2017 ist es in der Schweiz nicht mehr nötig, solches Gemüse im Supermarkt zu deklarieren. Bereits 1/10 des Frischgemüses der Schweiz (darunter gehören beispielsweise Tomaten, Zucchini, Auberginen, Bohnen, usw.) wird in Gewächshäusern angebaut.
Seit ein paar Jahren wird der Gemüseanbau in Gewächshäusern und auch im speziellen in urbanen Gebieten aber nochmals revolutioniert. So wird beispielsweise in Japan bereits ein grosser Teil der Salaternte weder aus klassischen Gewächshäusern, noch auf Feldern geernten. Das Konzept nennt sich Indoor-Farming. Die Salate werden in einer Lagerhalle auf mehrstöckigen Plattformen nur in Wasser und mit künstlichen Licht herangezogen. Das Wasser wird ständig erneuert (gefilter) und wieder mit Dünger angereichert. So kann auf der gleichen Fläche bis zu 10 mal mehr Salat angepflanzt werden als sonst. Für mich hört sich das ganze ziemlich nach Sciene-Fiction an und ich bin noch nicht restlos von diesem Konzept überzeugt.
In Basel gibt es aber seit 2012 ein Konzept zum Urban Farming, das mich begeistert hat. Ein paar Studenten der HSG (Hochschule St. Gallen) sowie der ETH (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich) haben sich zusammen getan (Urbanfamers.com) und das Urban Farming revolutioniert. Das System, welches Sie entwickelt haben, funktioniert wie folgt (vereinfachte Darstellung):
- Auf das leere Flachdach eines bestehenden, grossen Industriegebäudes wird eine Anlage gebaut
- Die Anlage besteht aus einem Gewächshaus, in welchem frisches Gemüse und Kräuter in Steinwolle angepflanzt wird. Das Gewächshaus hat natürliches Sonnenlicht
- Unter oder nebem dem Gewächshaus steht einer oder mehrere Fischteiche, in denen exotische oder heimische Fische gezüchtet werden
- Das „schmutzige“ Wasser der Fische (angereichert mit Nitrat = natürlicher Dünger) wird in die Pflanzanlage eingeleitet. Das Nitrat wird von den Pflanzen aufgenommen und das Wasser somit gereinigt
- Das saubere Wasser läuft wieder zurück zu den Fischen
Mit dieser Methode schaffen Sie es bis zu 90% weniger Wasser als beim klassichen Gemüseanbaus zu verwenden und auf knapp 250m2 (die Anlage steht in Basel) bis zu 5 Tonnen Gemüse und 850kg Fisch pro Jahr zu produzieren! Der grosse Vorteil liegt nicht nur im schonenden Umgang mit der Ressource Wasser und der Nutzung der brachen Flächen, sondern auch in der Nähe zum Kunden. Das produzierte Gemüse kann direkt in den Supermärkten in Basel verkauft werden. Somit ist kein langer Transport wie bei ausländischem Gemüse notwendig.
Ob sich dieses Konzept tatsächlich durchsetzt und wir in Zukunft unser Gemüse beim nächstgelegen Industriegebäude abholen können, wird sich zeigen.
Was haltet Ihr von der Idee? Blödsinn oder Zukunft? Wo seht ihr die Probleme und Chancen darin?
Alle Bilder mit freundlicher Unterstützung von urbanfarmers.com